Wieso sind die meisten unter uns süchtig nach oberflächlichen Ablenkungen?
Die exzessive Nutzung asozialer Medien ist weit verbreitet. Aber vermutlich nicht, weil sie irgendein tief sitzendes Kommunikationsbedürfnis besser als alles bisher Dagewesene erfüllen. Das Wesentliche scheint zu sein, dass sie zur Unterhaltung einen konstanten Strom von unverbindlichen Ablenkungen bieten.
Weil die Wenigsten von uns Gelegenheit hatten herauszufinden, welche Tätigkeiten uns inspirieren, stecken die meisten von uns in Berufen fest, die uns Kraft kosten, statt uns Energie zu geben. Daher ist es kein Wunder, dass wir als Gesellschaft in unserer Freizeit bloß seichte Unterhaltung suchen. Für Herausforderungen aller Art fehlt uns schlicht die Energie. Wir fühlen uns ohnmächtig und wollen uns nicht auch noch in unserer kostbaren Freizeit anstrengen müssen.
Die wenigen Leute, die aufgrund ihrer persönlichen Erfahrungen und sozialen Situation ihre Fähigkeit etwas zu bewegen kultiviert haben, und es daher auch in Machtpositionen geschafft haben, nützt dieser Betäubungszustand der Mehrheit. Immerhin können sie ungestört schalten und walten, wenn sich kaum jemand in die Gestaltung unserer Gesellschaft einmischt.
Unser überwältigendes Verlangen nach unverfänglicher Unterhaltung beruht meiner Meinung nach also auf dem Umstand, dass wir uns mit Tätigkeiten verausgaben, die wir nur unter großer Disziplin und entgegen unsere Empfindungen durchführen können.
Je größer der inspirierende Anteil unseres Alltages ist, umso mehr psychische Reserven haben wir auch, um Durststecken zu überstehen. In einem verausgabten Zustand überfordern uns dagegen bereits kleine Herausforderungen.
Würde es in unserer Bevölkerung genügend Variation in Neigungen und Begabungen geben, um trotz durchaus effizienten Spezialisierungen eine funktionierende Gesellschaft zu etablieren, in der niemand langfristig zermürbende Tätigkeiten ausführen muss?