Ist Egoismus wirklich ein Problem? Wie können wir erfolgreich damit umgehen?
Wir alle versuchen permanent unser Bestes, um optimal durchzukommen. Unterschiede in unseren Strategien, Maßnahmen und Prioritäten ergeben sich aus unserer Historie und Situation. Ich kann mir letztlich keine Person vorstellen, die absichtlich etwas tut, von dem sie denkt, dass es schlechter als eine andere ihr bewusste Handlungsmöglichkeit funktioniert. Und natürlich sehen wir aber praktisch nie alle Möglichkeiten.
Freilich können wir Leute nicht auf reine Vernunft reduzieren. Es ist schwer bewährte Überzeugungen hinter uns zu lassen, wenn wir mit einer Realität konfrontiert sind, die nicht dazu passt. Es ist sehr verlockend trotzdem an der ursprünglichen Sichtweise festzuhalten und den Widerspruch als Ausnahme zu übergehen. Und das ist im Allgemeinen – wie bei allen Vorurteilen – ja auch erfolgreich. Es wäre natürlich unvernünftig bewährte Strategien wegen Ausnahmen aufzugeben. Als die grundsätzlich faulen Lebewesen, die wir sind, ist es wenig verlockend mühsam neue Strategien zu entwickeln. Wir tendieren also dazu konservativ an unseren Überzeugungen festzuhalten. – So lange das eben irgendwie für uns funktioniert. Und wie gut etwas funktioniert, ist leider oft nicht unmittelbar erkennbar.
Alles zusammengenommen sind wir über diese Umstände zur gegenwärtigen frustrierenden Realität gelangt, ohne dafür bei irgendwem eine böse Absicht zu brauchen. Mir scheint, dass die Idee von unlauteren Motiven sowieso hauptsächlich die psychologische Funktion hat, uns mit reinem Gewissen zu erlauben die Anliegen anderer wegzuwischen. Wir können sie mit dieser Theorie als nicht berücksichtigenswert übergehen, ohne uns deswegen ignorant zu fühlen.
Das ist kein Versuch von mir diese Dynamik ethisch zu bewerten. Womöglich würden wir niemals etwas erreichen, wenn wir in endlosen Verhandlungen festhängen. Allerdings sind wir meist schon auch sehr leichtfertig mit unserer Missachtung. Und das hat im Extremfall die Konsequenz, dass Leute in ihrer Angst unterzugehen verzweifelt zur Gewalt greifen. Missachtung befeuert einen fatalen Teufelskreis.
So lange wir uns nicht gefährdet fühlen, sind wir recht entspannt. Schwierig wird es immer dann, wenn uns die Ideen ausgehen, wie wir gut durchkommen können, ohne anderen zu schaden. Deswegen erscheint es mir essenziell Bedingungen zu etablieren, die uns das Gefühl ermöglichen, in jedem Fall zuverlässig abgesichert zu sein. Das ist aus meiner Sicht der Schlüssel zur Zivilisation. Nur unter dieser Voraussetzung können wir Menschen hoffen, uns von unseren grotesk destruktiven Verhaltensmustern zu emanzipieren.