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Pflicht

Wieso Selbstzwecke glücklich machen und Ziele psychischen Druck erzegen.

Ich bin immer wieder verblüfft, wie stark meine Abscheu vor Dingen ist, die ich als Pflichten erlebe, und wie viel Zeit und Energie ich vergnügt in durchaus mühsame Dinge investiere, die ich ohne nennenswerte Erwartungen einfach mache. Das Bemerkenswerte daran ist der seltsame Umstand, dass es bei genauerer Betrachtung ja gar keine Pflichten gibt. Alles, was ich denke machen zu müssen, ist letztlich nicht mehr Pflicht als irgendwelche anderen Tätigkeiten. Aktivitäten werden für mich nur auf Grund zweier Umstände zur Pflicht:

  1. Ich bin nicht bereit das Ergebnis meiner Untätigkeit zu akzeptieren.
  2. Das Ziel meiner Tätigkeit ist mir wichtiger, als die Tätigkeit selbst.

Den stärksten Druck empfinde ich, wenn andere Leute von mir die Erledigung bestimmter Dinge erwarten. Sobald ich den Eindruck habe, dass ihre Erwartung gerechtfertigt ist, fühle ich mich dazu gedrängt, diese Dinge auch tatsächlich umzusetzen. Oft sammle ich dann im Vorfeld Kraft, indem ich es mir gönne Dinge zu tun, die mir im Moment Freude bereiten. Häufig unterscheiden sich diese Tätigkeiten von meinen vermeintlichen Pflichten nur durch den Umstand, dass niemand auf ihre Erledigung wartet.

Selbstzweck

Aus den geschilderten Umständen heraus habe ich den starken Verdacht, dass es mir möglich sein sollte als Pflichten gefürchtete Aktivitäten in vergnügliche Freizeitbeschäftigungen zu verwandeln indem ich mir vergegenwärtige, dass sie komplett optional sind. Immerhin kommt es ja umgekehrt immer wieder vor, dass ursprünglich allein aus Freude daran betriebene Projekte zu Pflichten werden, indem sie von Selbstzwecken zu Schritten hin zu einem erwünschten Ziel werden. Durch Erfolg können Liebhabereien also zu Belastungen werden. Wieso ist eine Transformation in die umgekehrte Richtung nicht üblich? – Wieso werden Pflichten praktisch nie zu Selbstzwecken?

Wieso ist es unangenehm ein ziel zu haben? Wir Menschen sind üblicherweise nur bereit, Zeit in destruktive Aktivitäten zu stecken, wenn wir nicht durch unsere Tätigkeit, sondern durch das motiviert sind, was wir dafür bekommen. Üblicherweise ist das Geld. Daher bin ich schon vor längerer Zeit zu der Idee gelangt, dass nichts getan werden sollte, was niemand freiwillig – also ohne Entlohnung dafür – machen möchte.

Problem Entkoppelung

Das Problem der Verschiebung von Prozessen hin zu Ergebnissen scheint auf allen Ebenen Probleme zu schaffen. Der Zweck kann nicht die Mittel heiligen, weil wir niemals an irgendeinem Ziel verharren können, sondern immer nur am Weg sind. Der Weg ist wichtiger als alle möglichen Ziele, weil zwar ungewiss ist, wie weit wir in Richtung unseres Zieles gelangen werden, aber eindeutig, das wir realisieren, was wir am Weg dorthin tatsächlich tun.

Es steckt viel Wahrheit in dem Spruch: Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert.

Fazit: Wenn wir fragwürdige Methoden zur Erreichung eines ehrenwerten Ziels einsetzen, tragen wir aktiv zu einem Alltag bei, den wir überwinden wollen. Wir können unser Glück nicht durch die Opferung des Moments erreichen. Wir müssen in jedem Moment stimmig und beglückend agieren, denn wir können den allgegenwärtigen Moment nie verlassen.

Selbstverständlich ist das keine Aufforderung zum Fatalismus. Mangelnde Umsicht ist nicht das Selbe wie Aufmerksamkeit und Wertschätzung.